Haarverpflanzung – Chirurg oder Maschine?
Mensch gegen Maschine, das ewige Duell in Industrie, Entwicklung und Handwerk wird auch im Bereich der Haarverpflanzung immer häufiger erwähnt. Die maschinelle Entnahme und Verpflanzung von Haaren sollte schon vor Jahren die Haarchirurgie revolutionieren – berichten zumindest immer wieder populäre Medien. Der erste Roboter kam 2008 auf den Markt, aber bis heute finden sich nur vereinzelt OP-Angebote mit Robotertechnik. Den Vorrang haben nach wie vor (erfahrene) Ärzte. Es lässt sich daher valide zusammenfassen, dass sich der Roboter nicht durchgesetzt hat.
Wir befragten Karl Moser, Gründer der Moser Medical, Innovator der medizinischen Methoden und Technologien, Pionier der Haartransplantation seit 40 Jahren, Kenner und aktiver Beobachter des Haarroboters seit der ersten Stunde, gibt Ihnen konkrete Antworten zu häufigen Fragen von Interessenten; als Orientierung und als Entscheidungshilfe.
Seit wann gibt es Robotertechnologie für Haartransplantationen?
"Lösungsversuche, den aufwändigen Prozess einer Haartransplantation zu automatisieren, gibt es schon seit den 2000er-Jahren. Anfangs ging es ausschließlich um die Entnahme. Da ich für unsere Patienten immer auf der Suche nach den besten Möglichkeiten zur Lösung von Haarproblemen bin, prüfen wir jede Innovation, jede neue Technologie oder Methode. Im Jahr 2011 unternahm ich mit Kollegen eine Studienreise in die USA und hospitierte bei einer Roboterbehandlung bei Dr. Robert M. Bernstein in New York. Jährlich gibt es Updates auf Kongressen, die wir beobachten."
Wie funktioniert die Haartransplantation mit dem Roboter?
"Praktisch handelt es bei der Roboterbehandlung um eine Behandlung nach der Einzelentnahmetechnik (FUE). Die Haarwurzeleinheiten (Grafts) werden aus dem Spenderbereich am Hinterkopf einzeln entnommen. Innerhalb festgelegter Areale scannt der Haarroboter die Haarwurzeln und entnimmt dann einzeln die Grafts. Damit der Roboter weiß, wo er zu bohren hat, sind Schablonen erforderlich, so wie bei einem Rasenmäh-Roboter, für den ein Areal einzugrenzen ist. Diese werden am Kopf fixiert und Schritt für Schritt, Areal für Areal im Laufe der Entnahme neu platziert. Der Patient befindet sich während der Entnahme in sitzender, vorgebeugter Haltung und mit fixiertem Kopf."
Kann jeder von Haarausfall betroffene Mensch mit der Robotertechnologie behandelt werden?
Es sind keine anderen Voraussetzungen notwendig, als bei der herkömmlichen Haartransplantation. Wenn die Ursachen für den Haarausfall genetisch bedingt ist und alle Anforderungen erfüllt sind, dann können grundsätzlich der Mensch oder die Maschine so eine Behandlung erfolgreich durchführen. Ob Mensch oder Maschine zum Einsatz kommen sollten ist also nicht von der medizinischen Eignung abhängig sondern von der ästhetischen Situation und der Haarqualität, ihrer Dichte, Stärke, Farbe, Wuchsrichtung/Verwirbelung u. ä.
Wie viel länger/kürzer dauert eine Behandlung mit dem Roboter im Vergleich zur von Menschen durchgeführten Haartransplantation?
Eine händisch durchgeführte Haartransplantation dauert von der Entnahme über die Aufbereitung der Haare bis zur Verpflanzung einige Stunden und ist immer innerhalb eines Tages durchzuführen. Bei der maschinellen Behandlung ergibt sich für den Patienten kein wesentlicher zeitlicher Unterschied. Für den behandelnden Arzt dagegen, der einen Roboter einsetzt, macht es einen großen Unterschied: Er kann während der Entnahme andere Tätigkeiten erledigen.
Für Patienten ergeben sich bislang keine Vorteile im Vergleich zur Haarverpflanzung durch einen erfahrenen Haarchirurgen, weder bezogen auf die Behandlung selbst (Dauer, Sitzposition, Entnahmequalität etc.) noch auf das Ergebnis (Anzahl entnommener Grafts und damit Basis für das Verpflanzen). Zu betonen ist hier, dass der Haarchirurg erfahren(!) ist. Bevor ein Patient sich von einem unerfahrenen Arzt operieren lässt, sollte er den Roboter bevorzugen.
Welche Nachteile hat die Behandlung mit dem Haarroboter für die Patienten?
In der Haarchirurgie sind jahrelange Erfahrungen, sowie das Gespür und Sensibilität, um den Haarfollikel sanft und schonend entnehmen zu können besonders wichtig. Man muss unter anderem die unterschiedlichen Wuchsrichtungen und „Größe“ jedes einzelnen Follikels, das Gewebe der Haut sowie die Struktur des Follikels berücksichtigen. Das kann der Roboter nur sehr eingeschränkt leisten. Auch die Ernte des Follikels (Entnahme des Follikels) bedarf hoher Feinfühligkeit, um Haarfollikel schonend und sanft zu entnehmen. Bei einer Haarverpflanzung zählt jedes einzelne Haar. Es entscheidet darüber, wie später die Entnahmestelle aussieht und noch viel wichtiger, wie schön und dicht das Verpflanzungsergebnis ist. Bei der Roboter-Entnahme ist die Gefahr groß, dass eine Vielzahl von Haarwurzeln bei der Entnahme verletzt werden; entweder so stark, dass sie gar nicht mehr eingepflanzt werden können oder so, dass sie zwar verpflanzt werden und anwachsen aber nie Haare produzieren werden.
Gibt es einen preislichen Unterschied bei einer Haarverpflanzung durch Menschen im Vergleich zur Maschine?
Seriöse Anbieter bemessen den Preis einer Behandlung an der jeweiligen Haarsituation und dem gewünschten Ergebnis. Wer Roboter einsetzt, hat nicht nur hohe Anschaffungskosten zu tragen (und braucht daher eine gewisse Auslastung, damit sich das Gerät amortisieren kann), sondern muss auch in vielen Fällen einen gewissen Betrag pro entnommenem Follikel an den Roboter-Hersteller bezahlen.
Welche Vorteile haben Ärzte/Kliniken, die einen Haarroboter anbieten?
Natürlich gibt es Ärzte, die es als angenehm empfinden, wenn sie ihre Arbeit Großteils durch einen Roboter erledigen lassen können. Gerade, wenn die Erfahrung eines Spezialisten noch nicht so hoch ist, ist die Versuchung möglicherweise groß, den „bequemen“ maschinellen Weg zu wählen. Außerdem ist es für Ärzte, die sich schwerpunktmäßig z.B. mit ästhetisch plastischer Chirurgie befassen, eine interessante Möglichkeit, auch die oft weniger geliebte, weil sehr aufwändige Haarverpflanzung, anzubieten, ohne dafür eigens volle OP-Zeit des Chirurgen zu beanspruchen.
Welche Unterschiede im Behandlungsergebnis kann man erwarten, wenn ein Roboter die Haarverpflanzung durchführt und kein Mensch?
Für ein natürliches und dichtes Haarbild ist es wichtig, jeden einzelnen Follikel schonend und unverletzt mit genau der richtigen Menge Hautgewebe zu entnehmen. Das braucht viel Erfahrung und chirurgische Sensibilität, um auf individuelle Unterschiede in Wuchs und Qualität der entnommenen Haare perfekt eingehen zu können.
Wie hoch ist gegenwärtig weltweit der Anteil maschineller Haartransplantationen?
Laut dem weltweit größten Fachverband der Haarchirurgie (ISHRS) haben 2017 12,5% aller ISHRS Mitglieder, Roboter-unterstützte Haarverpflanzung durchgeführt. Die Anzahl durchgeführter Roboter-Behandlungen liegt sicher deutlich darunter, wenn nicht sogar im Promille-Bereich. Nach unserer Beobachtung setzen weltweit kaum anerkannte Haarchirurgen den Roboter für eine Haarverpflanzung ein. Früher wurde der Roboter noch oftmals für Marketingaktivitäten eingesetzt – d.h. man hat einen Roboter angeschafft, um dieses Angebot machen zu können, somit modern und innovativ zu wirken und hat letztendlich die Behandlung mit einem erfahrenen Arzt durchgeführt. Dieser Effekt hat sich in den letzten 2 Jahren deutlich abgeschwächt.
Wann wird Moser Medical den Haartransplantations-Roboter in Österreich anbieten?
Auf dem jüngsten Haartransplantation-Weltkongress 2018 wurden Ergebnisse von Referenzpatienten vorgestellt, die mit der neuesten Generation Robotergeneration behandelt wurden. Was gezeigt wurde, war nicht überzeugend. Mit einer derart geringen Haardichte sind wir als renommierter Qualitätsanbieter nicht zufrieden. Auch unsere Patienten, die sich ein dauerhaft natürliches schönes Haarbild wünschen, sind nicht bereit, Abstriche bei der Qualität in Kauf zu nehmen. Sollte die Robotertechnik jemals so ausgereift sein, dass sie Ergebnisse in mindestens gleicher Güte und eine mindestens gleich hohe Anwuchsrate von 93% garantieren lässt, werden auch wir den Einsatz eines Roboters andenken. Bis dahin verfolgen wir die technische Entwicklung interessiert und akribisch.
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